Am Sonntag, 22.09.2019 trat er in den Ruhestand. Bis dahin hatte er 22 Jahre als stellvertetender Bezirksvorsteher im Ulmer Kirchenbezirk gewirkt: Bezirksevangelist Günter Hannawald gibt in einem Interview einen Einblick in Gedanken und Erlebnisse.
- Seit wann bist du als Amtsträger tätig?
Seit Dezember 1989.
- Warst du schon immer im Bezirk Ulm?
Ich bin in Nördlingen geboren und kam mit meinen Eltern nach Ulm, als ich ein Jahr alt war. In der Gemeinde Ulm-West bin ich aufgewachsen, nach meiner Heirat wechselte ich nach Ulm-Ost, bin also schon immer im Bezirk Ulm.
- Wer dich kennt, schätzt deine Glaubenssicherheit, die du ausstrahlst und vermittelst. Wie hast du dir diese in all den Jahren bewahrt?
Die Basis dafür wurde in meinem tief gläubigen Elternhaus gelegt. Darüber hinaus hatte ich auch als Jugendlicher immer großartige Berater und Vorbilder. Vorangänger, die mit beiden Beinen auf dem Boden standen und großes Verständnis für mich hatten. Das habe ich nicht vergessen und mich später immer wieder daran erinnert. Es gibt im Glauben ja manche Durststrecke. Damit meine ich eine Phase, in der man seinen Glauben nicht erlebt und man Gottes Nähe nicht spüren kann. Da gab mir die Erinnerung an meine Eltern und Vorbilder die nötige Orientierung, dass ich nicht aufgegeben habe, sondern durchhalten konnte. Nach einer solchen Krise, erlebt man den Glauben dann wieder. Derlei Erfahrungen haben auch mich sicher gemacht, Gott ist immer da.
- Wer so lange Zeit aktiv ist, sieht viele Ereignisse und gewisse Entwicklungen. Mit dem seit Pfingsten verabschiedeten Amtsverständnis ist eine erneute Ausrichtung der Kirche erfolgt. Wie siehst du den Kurs der Kirche?
In unserer Kirche hat eine bedeutsame Entwicklung stattgefunden. Es hat immer wieder Veränderungen gegeben, die zum allergrößten Teil notwendig sind und die ich auch gut finde. So werden sich auch zukünftig Anpassungen ergeben, weil sich eben Gesellschaft, Zeit und Verhältnisse ändern und da sind wir mitten drin. Aber das Evangelium hat sich nie verändert und es wird sich nie verändern. Und wenn man dann über den Kurs der Kirche spricht, dann kann es, nach meiner Auffassung so weitergehen. wie bisher. Wo es weiterhin Anpassungen geben muss, wird es diese geben. Aber die Ausrichtung auf die Wiederkunft Jesu und die Verkündigung des Evangeliums waren und sind im Mittelpunkt. Darauf kommt es an.
- Als Lehrer, und bei deinen kirchlichen Aufgaben, hattest du immer Kontakt zu Jugendlichen und Einblicke in deren Verhalten. Welche Tendenzen stellst du fest?
Zunächst möchte ich festhalten: Die Jugend ist heute nicht schlechter als die Jugend von früher. Der Unterschied zu früher besteht vermutlich darin, dass wir in einer Wohlstandsgesellschaft leben und unsere Jugend zum größten Teil daran teilhat. Für viele ist Vieles möglich - ihnen stehen viele Möglichkeiten offen. Und da sehe ich die Tendenz, dass vielen Jugendlichen dadurch so manche Dinge auch als selbstverständlich erscheinen.
- Gelten diese auch für die Jugendlichen in den Kirchengemeinden und wie siehst du deren Rolle in Zukunft?
Die Tendenzen der Gesellschaft wirken sich natürlich auch in den Gemeinden aus. Die Jugendlichen sind mit aller Kraft und Begeisterung und Freude bei Projekten und Aufgaben dabei. Aber es sind manche zögerlich geworden, wenn es darum geht, sich langfristig festzulegen und zu binden, oder dauerhaft eine Aufgabe zu übernehmen.
Auch wenn es abgedroschen klingt, ich sehe es immer noch so: Die Jugend ist unsre Zukunft. Und es ist meine Aufgabe, durch mein Verhalten auch ein Vorbild für Jugendliche zu sein. Alle, die etwas älter sind, können einen Teil dazu beizutragen, um Jugendlichen deutlich zu machen, was dazu gehört um die Zukunft verantwortungsvoll weiter zu gestalten.
- Du hast bislang viel Zeit für deine Aufgaben im Kirchenbezirk verwendet. Dabei sind bestimmt manche privaten Dinge sehr kurz gekommen. Gibt es für die Zeit des Ruhestands etwas, worauf du dich freust?
Dadurch, dass ich bereits ein Jahr beruflich im Ruhestand bin, ist der Stress deutlich weniger und manches hat sich schon entspannt. Wenn jetzt durch den Ruhestand im Amtsauftrag noch mal zusätzliche Zeit zu Verfügung steht, dann werde ich das schon genießen. Ich weiß nicht, wie meine Kinder reagieren, wenn ich das jetzt sage: aber ich freue mich zum Beispiel darauf, wenn ich vielleicht Opa werden würde.
Mir ist aber auch eines sehr wichtig: Es wäre schade, wenn die Verbindungen zu den Geschwistern in den Gemeinden durch meinen Ruhestand enden würden. Ich freue mich sehr darauf, auch künftig Begegnungen in den Gemeinden zu haben.
- Hast du einen Rat, ein besonderes Erlebnis oder einfach etwas, was dich bewegt und du ausdrücken möchtest?
Bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen des IJT wurde unserem Stammapostel eine ähnliche Frage gestellt. Daran habe ich mich erinnert, weil es mich sehr beeindruckt hat. Im Laufe der Podiumsdiskussion beendete eine junge Glaubensschwester ihren Beitrag mit dem Motto „Nimm Jesus in dein Lebensschiff“. Als der Stammapostel kurz darauf nach einem Rat gefragt wurde, griff er das Motto der jungen Gläubigen auf. Er hat nicht eine eigene Weisheit oder sein eigenes Lebensmotto empfohlen. Er verwies auf die Aussage der Jugendlichen und wiederholte dies als Rat: Nimm Jesus in dein Lebensschiff! Es klingt so einfach, hat aber eine tiefe Bedeutung.
-Nun hast du vor kurzem etwas erlebt, was recht selten vorkommt: einen Überraschungsbesuch vom Stammapostel! Wie ist es, wenn die Türe zur Sakristei aufgeht und plötzlich steht da der Stammapostel?
Was ich da empfunden habe, dafür finde ich keine Worte. Das war ein absolutes Highlight und es berührt einen zutieftst, so dass man das erst gar nicht realisieren kann. Ich habe nach der Verabschiedung noch eine Zeit alleine auf dem Kirchenhof gestanden, um mich zu sammeln und das Erlebte zu begreifen. Wir betreiben ja keinen Personenkult, dass man das nicht falsch versteht.
Ich bin im nächsten Gottesdienst von einer Glaubensschwester begrüßt worden, die mir gesagt hat, dass der Segen und die Freude spürbar dem ganzen Bezirk zu Gute kommen. Das ist vermutlich das Besondere bei uns Christen - es freuen sich alle mit. Für mich bleibt das ein unvergessliches Erlebnis.