Der Gemeindechor Ulm-West ist mit rund 77 Mitgliedern der größte Chor im Kirchenbezirk, und die größte aktive Gruppe der Gemeinde. Die Sänger des gemischten Chores bereichern die Gottesdienste muslikalisch, und geben mit den Texten ihrer Vorträge oftmals Impulse für Predigt und Zuhörer. Im Interview berichtet der Dirigent über Hintergründe und gibt Einblicke in die Arbeit des Chores.
Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit nimmst für dieses Interview.
Zunächst möchte ich Dich fragen, seit wann Du den Gemeindechor Ulm-West leitest.
Ich habe den Chor im Frühjahr 2000 von meinem Vorgänger übernommen, habe jetzt tatsächlich 20-jähriges Jubiläum Zuvor hatte ich mit einem weiteren Dirigenten zusammen ungefähr 10 Jahre lang den Kinderchor der Gemeinde dirigiert.
In welcher Weise bist Du privat musikalisch tätig?
Das hat sich in den letzten Jahren aufgrund Familie und Job leider sehr verringert. Früher hatte ich in einem Symphonieorchester und in einer Jazzband Klarinette gespielt und in verschiedenen Chorprojekten mitgewirkt. Momentan bleibt nur die Musik in der Kirche.
Musiziert Ihr auch in der Familie?
Im Prinzip ja, aber eingeschränkt. Wir haben drei Geigenspielerinnen zuhause, von denen oftmals zwei parallel üben. Das ist manchmal anstrengend. Um in der Familie gemeinsam Musik zu machen, fehlt ein Bass-Instrument. Mal sehen was unser Sohn beisteuert, momentan will er Schlagzeug spielen.
Wie viele Sängerinnen und Sänger sind im Gemeindechor?
Im Chor sind wir momentan 77 Sänger und Sängerinnen und damit wahrscheinlich der größte Chor im Bezirk.
Welche Altersgruppen sind vorhanden?
Das Alter ist gemischt, die jüngste Sängerin ist 14, die ältesten dürften Mitte 70 sein. Was uns für die Zukunft fehlt ist Nachwuchs, gerne zwischen 14 und 30.
Sind alle Stimmen in genügender Anzahl vorhanden?
Lange Jahre gab es vor allem in den Männerstimmen Probleme. Momentan sind wir sehr ausgeglichen besetzt. Über den einen oder anderen Bass würden wir uns freuen. Durch die hohe Zahl an Amtsträgern und deren Aufgaben sind die Männerstimmen nicht immer voll besetzt. Ich bin unserem Vorsteher sehr dankbar, dass er es allen Amtsträgern ermöglicht während der Gottesdienste im Chor zu singen!
Wann finden die Chorproben statt?
Die Chorproben finden immer dienstags von 20:00 bis 21:00 Uhr statt. Zu besonderen Anlässen, zum Beispiel zur Konzertvorbereitung, wird 15 Minuten länger geprobt oder ein Samstag eingeschoben. Ansonsten sind wir immer sehr pünktlich nach 60 Minuten fertig.
Wie laufen die Chorproben ab?
Die Proben beginnen mit einem kurzen Einsingen von ca. 5 bis 10 Minuten, um den Körper und die Stimme anzuwärmen. Die Stimme ist auch ein Muskel, es ist wie beim Sport. Im Anschluss wiederholen wir ein paar bekannte Stücke, korrigieren falsche Töne und arbeiten an der Gestaltung. Oftmals arbeiten wir auch an einem neuen Stück. Hier werden die einzelnen Stimmen geprobt und das Ganze danach zusammengefügt. 10 bis 15 Minuten gehören danach einem/r meiner wertvollen Mitdirigenten/innen, für die ich sehr dankbar bin und ohne die es nicht funktionieren würde. Die 60 Minuten vergehen oft wie im Flug. Ich bemühe mich, die Proben locker, interessant und abwechslungsreich zu gestalten, aber auch mit einer gewissen Geradlinigkeit und Effizienz. Es soll etwas dabei herauskommen, die Sänger sollen gerne kommen und jeder soll merken, dass er etwas verpasst hat, wenn er nicht da war.
Ihr singt während der Gottesdienste?
Wir singen während der Gottesdienste und in Konzerten.
An dieser Stelle eine kleine Anmerkung. Der Gemeindechor hat in unserer Kirche zusätzlich zur Predigt die Aufgabe der Wortverkündigung. Wir versuchen mit den Inhalten der Lieder die Predigt zu ergänzen. Damit das eine gewisse Logik hat, wird manchmal eine Strophe mehr gesungen. Da ist, wie in der Predigt, der ein oder andere Nebensatz um diese zu vertiefen. Es ist eine Herausforderung für den Dirigenten, den ganzen Gottesdienst hindurch über das Wort und die Predigt die passenden Lieder zu finden und dabei das Repertoire des Chores zu berücksichtigen. Ich genieße es, wenn ich in einem Gottesdienst einmal nicht dirigiere und das Gottesdienstgeschehen als Gemeindemitglied wahrnehmen kann.
Wie kann man in den Gemeindechor aufgenommen werden?
Man braucht keine besonderen Fähigkeiten, es gibt kein Vorsingen oder Bewerbungsverfahren. Lust und Freude am Singen und der Gemeinschaft sind gute Voraussetzungen. Wenn man sich für den Chor entscheidet erwarten wir allerdings auch Mitarbeit. Es gibt eine interne Regelung, dass in Absprache mit dem Dirigenten mindestens zwei Proben im Monat zu besuchen sind. Interessenten/innen können mich gerne ansprechen, wir freuen uns über Zuwachs.
Welche Aktivitäten gibt es im Gemeindechor?
Der Chor ist die größte aktive Gruppe in der Gemeinde Ulm-West und ich bin sehr stolz auf dieses Team. Sie halten zusammen, sind da, wenn sie gebraucht werden und bringen sich ein. Wir organisieren einmal im Jahr gemeinsam einen Chorbrunch. Der ist inzwischen eine Institution, bei der der Chor zeigt, dass er nicht nur singen, sondern auch kochen und backen kann. Vor besonderen Anlässen gibt es Samstagsproben, die über mehrere Stunden gehen. Besonders betonen möchte ich unsere Chorfreizeiten. 50 bis 60 Sänger/innen befinden sich an einem Wochenende auf einer Freizeit, mit Musik, Proben, Spaß und guter Laune. Höhepunkte sind jedes Mal eine Abendandacht und ein Gottesdienst. Chorfreizeiten versuchen wir alle 2 Jahre, zur Vorbereitung eines Konzertes, durchzuführen.
Aufgrund der Corona-Situation sind derzeit weder Chorproben noch das Singen in Gottesdiensten möglich. Wie bleibt Ihr in Übung? Gibt es Videochorproben oder singt Ihr auf dem Balkon?
Die besondere Lage bringt besondere Umstände mit sich: Es gibt derzeit keine Proben und keine Gottesdienste. Videochorproben sind aufgrund der Technik schwierig. Wir machen seit Mitte März virtuelle Chorproben. Ich verschicke per E-Mail an den Chor Noten und Hörbeispiele der einzelnen Stimmen sowie des gesamten Stücks. Auf diese Weise kann jeder zuhause seine eigene Stimme einüben.
Möchtest Du etwas ergänzen?
Zum Schluss möchte ich ein paar Gedanken anbringen: Der Chor der Gemeinde Ulm-West ist ein Segen und ein besonders wertvolles Geschenk für die Gemeinde. Die Zahl der Sänger/innen, das Engagement, die Gemeinschaft und auch die Qualität der Musik sind nicht selbstverständlich. Es ist ein Geschenk dabei sein zu können und für mich Dirigent des Chores zu sein. In einem Chor zu sein bietet viele Möglichkeiten, wie wir in unseren Konzerten immer wieder zeigen und es macht einfach Spaß. Singen macht Freude und ist gesund. Ich hoffe, dass alle Sängerinnen und Sänger Freude an dieser Aufgabe haben und auch empfinden, wie wertvoll und wichtig ihre Arbeit in der Gemeinde ist. Bleibt dabei, kommt regelmäßig, wir brauchen jede(n) Einzelne(n).
Vielen herzlichen Dank.